Zwei Rollen Harzer Käse. Die wollte ich morgens noch schnell vor dem ersten Termin im Supermarkt kaufen. Der Laden war voll. Ich kam an der Kassenschlange an und legte meine Käserollen auf das Kassenband. Vor mir in der Schlange stand ein älterer Herr, der nur eine Zeitschrift kaufen wollte und ich dachte mir: „Das geht ja heute alles flott und reibungslos“. Dann war die Person vor mir an der Reihe. Aber dieser Waren-Laser, der das Laufband stoppt, erkannte die flache Zeitschrift nicht. Deshalb rollte das Band weiter. Und weil keiner von uns beiden einen Warentrenner auf das Band gelegt hatte, passierte dieser klassische „Waren-Auffahr-Unfall“ an der Kasse zwischen seinem Heft und meinem Harzer Käse. Und sofort schrie mich der ältere Mann aus vollem Hals an: „Was bist du denn für ein Vollidiot! Wieso hast du kein Trennteil dazwischen gelegt? So einen dämlichen Menschen wie dich habe ich noch nie getroffen.“
Wenn mich jemand anschreit, werde ich grundsätzlich erstmal still. Lieber schweigen, als etwas zu sagen (oder zu schreien), was man später bereut. Während mich der Mann anschrie, dachte ich mir still: „Wer muss eigentlich den Warentrenner auf das Band legen? Hätte er ja auch machen können. Muss ich mal googeln ...“
Und plötzlich fing hinter mir jemand, der in der Schlange stand, an zurückzuschreien: „Du Leuchtturm da vorne, jetzt bezahle endlich dein olles Heftchen und halte uns nicht alle auf.“ Und ich stand mitten drin. Hatte quasi einen Stehplatz in der ersten Reihe bei diesem Schrei-Duett. Aber ich sagte nichts. Und das Geschrei ging weiter. Gerne würde ich euch jetzt erzählen, dass ich mit einer genialen Eingebung und einem pastoralen Satz die Situation entschärfte und alle miteinander versöhnte. Aber ich blieb leise. Der ältere Mann bezahlte lautstark seine Zeitschrift und war dann verschwunden. Meine zwei Rollen Harzer Käse und ich gingen nach Hause. Immer wieder spielte ich auf dem Heimweg die Situation im Kopf durch, um herauszufinden, was ich hätte besser machen können. Meine Gedanken drehten sich immer schneller. Bis ganz plötzlich eine tiefe Ruhe in mein Herz kam. Denn ich erinnerte mich an einen Satz aus dem 1. Petrusbrief (5,7): „Alle eure Sorgen werft auf Gott, denn er sorgt für euch.“ Manchmal hätte ich gerne die perfekte Lösung für jeden Streit. Aber der Frieden fängt in mir an, wenn ich meine Sorgen in Gottes Hände lege. Der Rest des Tages war ruhig. Meine Gedanken auch. Und der Harzer Käse war sehr lecker. Gott sei Dank.
Pastor Christopher Schlicht