Es ist Zeit!
Dachte sie, sie spürte schon, wie er sich bewegte. Ihr Bauch war so dick. Und sie würden noch drei weitere Tage unterwegs sein. Von Nazareth nach Bethlehem. Wegen der Hartherzigkeit eines Mannes, Kaiser Augustus hieß der. Und er fand, dass er noch nicht genug Geld hatte und alle seine Untertanen gezählt haben wollte, um noch mehr Steuern eintreiben zu können. Sie ahnte noch nicht welcher Hartherzigkeit sie noch begegnen würde, von Herbergswirten und anderen und ihr Sohn darum in einem Stall zur Welt kam. Aber sie wusste, er sollte ein Zeichen sein für seine Liebe.
Es ist Zeit
Dachte er sich, als es die Zeit noch nicht gab. Und er dachte sich das Leben. Und aus seinen Gedanken entstand Materie und aus ihr eine ganze Welt, ein Universum mit vielen Lichtern und großen Kugeln, die das Leben später Planeten nennen würde. Und er dachte einem kleinen blauen Planeten darin. Und auf diesem Planeten dachte er einen Lebensplan, damit das Leben beginnt und sich entwickelt. Überleben des Stärkeren. Eine wunderschöne und oft grausame Welt. Und er dachte von Anfang an ein Wesen, das sich selbst dann homo sapiens, Mensch nennen würde. Und er hatte das so gedacht, dass dieses Wesen so intelligent sein würde, dass es nicht mehr nach Instinkten und Egoismus und Recht des Stärkeren leben müsste.
Es ist Zeit
In der Zeit schickte er immer wieder seine Boten. Es ist Zeit, sagten sie den Menschen, dass ihr die anderen beschützt mit eurer Kraft und nicht nur an euch selbst denkt. So sagte es auch sein Sohn, der in einem Stall in Bethlehem geboren wurde. Ochs und Esel waren dabei. Zum Zeichen dafür, dass diese Nacht aller Schöpfung galt.
Es ist Zeit
So dachten sie sich, diese jungen Menschen, es ist Zeit, dass ihr älteren anfangt diese Erde zu schützen, und zogen freitags los, die Politik zu erinnern, dass jetzt etwas getan werden muss. Und andere hörten nicht auf, sich festzukleben, um die Menschen daran zu erinnern, der OPEC zum Trotz.
Es ist Zeit
Dachte ich mir. Es ist Zeit für die Familie, für Ruhe und Ferien. Es ist Zeit für Geschenke machen und Geschenke bekommen. Und ich freute mich darauf. Mal alle Arbeit ruhen lassen. Atempause. Zeit zum Luftholen. Und dann in das neue Jahr. Wird es Frieden bringen? Für Israel und Palästina? Für die Ukraine? Für mich? Für die Welt? Für die Natur? Werden wir weiterhin den Asylsuchenden sagen, dass die Herberge voll ist?
Es ist Zeit
Ich hörte ihn leise lachen neben mir. Aber das ist doch keine Antwort auf meine Frage, sagte ich. All diese Hartherzigkeit. Wir kommen zuerst. Machen wir wieder alle Türen zu, jetzt erstmal wir. Und immer haben die das Wort, die gegen den Frieden arbeiten und denen die Schöpfung egal ist. Deine Schöpfung sagte ich.
Mit einem breiten Lächeln antwortete er mir. Und in dem Lächeln steckte all seine Liebe, aber auch all sein Vertrauen in uns. Dann sagte er leise: Hört nicht auf, die Politik daran zu erinnern, sagte er. Aber wartet nicht darauf. Fangt bei euch an. Macht eure Türen auf für geflüchtete, macht eure Dächer voll mit Solar, geht ihr den Weg der Versöhnung, wo ihr Streit habt. Fangt selbst an. Der Friede ist da - ihr müsst es nur wollen. Und ich weiß, dass Ihr das könnt.
Es ist Zeit!
Pastor Sebastian Ritter