Eure Worte sollen immer freundlich und mit dem Salz der Weisheit gewürzt sein.
Kolosser 4,6 nach der Neuen Genfer Übersetzung
Auf dem Weg zum Dienst laufe ich über einen großen Parkplatz einer Schule. Aus der Ferne sehe ich eine junge Mutter, vielleicht eine Lehrerin, die ein etwa 6 Monate altes Baby im praktischen Tragesack vor ihrem Bauch trägt. Diese Tragesäcke sind etwas Feines und ich erinnere mich an die Zeit, als auch ich meine Kinder darin ganz nah bei mir getragen habe und gleichzeitig beide Hände frei hatte. Die Frau wirkt sehr beschäftigt. Sie steht vor der offenen Kofferraumklappe ihres Wagens. Darin stehen mehrere große Plastikkisten mit Kuchen und Brötchen.Ich frage mich, ob sie es wagt, mit dem Kind vor dem Bauch diese Kisten aus dem Auto zu holen. "Das schaffe ich allein!", wird sie sich gedacht haben. Mir fällt ein, dass auch ich oft mit Kind in Situationen gekommen bin, wo ich dachte: Bevor du jemanden fragst, hast du es schneller alleine erledigt!
Sie nimmt eine große Kiste, ihre Arme sind kaum lang genug, um sie zu umgreifen. Dazwischen wird das Kind unsanft eingeklemmt. Schnell stellt sie die schwere Kiste wieder ab. Ich will mich gerade entscheiden, hinüber zu laufen, um mit anzupacken. Dann höre ich jemanden rufen: "Kann ich Ihnen helfen?" Aus dem Schulgebäude kommt ein junger Mann, der auch die Situation entdeckt. "Ja, gerne", antwortet die Frau, sichtlich erleichtert. "Wo sollen die Kisten hin?" fragt der Mann. Sie beschreibt ihm den Ort im Schulgebäude. Sie folgt ihm mit Dingen aus dem Auto, die leichter zu tragen sind für sie.
Beide haben eine schwierige Situation miteinander lösen können: Der junge Mann hat hingesehen, das Problem erkannt und seine Hilfe angeboten. Und die junge Mutter hat sich selbst etwas Gutes getan, indem sie die angebotene Hilfe angenommen hat. So hat sie für sich gesorgt. Sie durfte sich eingestehen: Ich muss das nicht alleine schaffen, ich sehe meine Grenzen. Mein Kind muss nicht eingequetscht werden zwischen meinen Ansprüchen und Möglichkeiten. Ich kann Lasten abgeben. Und auf die Frage: "Kann ich Ihnen helfen?" verlier ich nicht mein Gesicht, wenn ich so ein Angebot annehme. Für beide also sicherlich eine bereichernde Situation durch ein paar freundliche weise Worte. Mitten im Alltag, morgens um neun auf einem Parkplatz in Bremerhaven.
Hanna Hagedorn, Diakonin