Zwieback und Kamillentee
Wenn ich früher krank war, dann hat meine Mutter mich immer mit Zwieback und Kamillentee versorgt. Das war ihr Allheilmittel gegen ungefähr alles. Je nachdem wie schlimm es dann war, hatte sie natürlich noch andere Tricks auf Lager. Aber jeder Gesundungsweg begann für mich mit Zwieback und Kamillentee. Und das Ende jeder Krankheit war auch sehr identisch. Wenn das Gröbste überstanden war, hat meine Mama immer gesagt: „Und jetzt ruh dich aus. Ich bin nebenan und für dich da, wenn du was brauchst.“ Das war ein guter Satz. Zwei um genau zu sein. Denn sie bedeuten: Das Schlimmste ist geschafft, ab jetzt kommst du alleine klar. Und trotzdem hat mich meine Mama nie alleine gelassen, sondern war immer weiter für mich da.
Ähnlich hat es auch der barmherzige Samariter in der Bibel gemacht. Er hat den Verletzten so lange begleitet, bis das Schlimmste geschafft war. Aber er hat ihm auch jemand da gelassen, falls noch was passiert. Den Wirt um genau zu sein. Denn das schafft erst das Gefühl der Sicherheit. Zu wissen: Ich schaffe es jetzt alleine, aber im Zweifel ist jemand da.
Die Geschichte vom Barmherzigen Samariter ist ein Paradebeispiel für Mitmenschlichkeit. Die Augen offen halten, für Mitmenschen, die Hilfe brauchen. Ihnen zu helfen und sie zu unterstützen, bis sie wieder alleine klar kommen.
Das Gegenteil ist in Afghanistan passiert. Unsere westlichen Truppen haben zwar gedacht: „Nach 20 Jahren ist das Gröbste Vorbei, jetzt kommen die Menschen dort alleine klar.“ Und wir haben das Gefühl vermittelt: Im Zweifel sind wir da. Nur dann war plötzlich niemand mehr da, als die Taliban kamen. Wir haben den letzten Schritt der Hilfe abgebrochen.
Noch schnell diejenigen zu retten, die uns geholfen haben und deswegen jetzt um ihr Leben fürchten müssen, ist das Mindeste. Aber weil die Situation falsch eingeschätzt wurde, konnte dies nur bei wenigen tausend Ortskräften passieren.
Jetzt wo die Soldat:innen abgezogen sind, wird es immer schwieriger, hier von Deutschland aus etwas zu tun. Aber wir können doch aus deren Fehlern in Afghanistan etwas für unseren Alltag lernen. Nämlich es hier besser zu machen. Und die biblischen Geschichte sagt uns auch genau wie: Die Augen offen halten für Menschen, die unsere Hilfe brauchen. Ihnen zu helfen bis sie alleine klarkommen. Und unseren Freund:innen auf dem Weg der Besserung zu sagen: „Ich bin für dich da. Und wenn du Hilfe brauchst, sag einfach Bescheid.“
Denn mit Gottes Hilfe können wir beides schaffen: Hilfe anzubieten, bis die Person alleine klar kommt. Und als Back-up weiter da zu bleiben.
Denn das sind Zwieback und Kamillentee der Mitmenschlichkeit.
Amen.
Pastor Maximilian Bode