Die Stimmung in unserem Land in diesen Advents-Wochen vor Weihnachten ist eine andere als vor ein paar Jahren. Die Corona-Jahre, die hinter uns liegen, der Krieg gegen die Ukraine mit seinen Folgen auch für unser Land, die Klima-Krise, die seit kurzem der großen Mehrheit der Menschen bei uns bewusst ist, all` das hat etwas nicht nur um uns, sondern auch in uns verändert.
Wir wissen oder ahnen: Jahre und vielleicht Jahrzehnte der Krise haben begonnen. Hauptgrund ist der Klimawandel. Klar ist, dass wir unsere Art der Wirtschaft und unseren Lebensstil ändern müssen. Ich glaube, das wird auch geschehen in den nächsten 10, 20 Jahren. Aber das wird zu spät kommen, um uns vor großen Klima-Krisen zu bewahren. Millionen von Menschen, deren Heimatländer durch den Klimawandel unerträglich heiß werden, werden über unsere Grenzen kommen. Klar ist: wir, die Menschen in den reicheren Ländern des Westens, haben durch unseren Lebensstil den Klimawandel verursacht. Jetzt müssen wir die bitteren Folgen unseres Tuns tragen. Dabei trifft der Klimawandel uns hier im mittleren und nördlichen Europa noch am wenigsten. Und wer bei uns zur Mittelschicht gehört, wird Wohlstandsverluste und Einbußen an Sicherheit noch am ehesten verkraften können. Aber für unsere Kinder, Enkel und Urenkelkinder sieht es schon anders aus. Ich fürchte, sie werden es einmal schlechter haben als wir. Es tut weh, das festzustellen. Aber es ist auch richtig, der Wirklichkeit ins Auge zu sehen und sich darauf einzustellen.
Adventszeit 2022. Vieles scheint auf den ersten Blick wieder so zu sein wie früher. Aber wir spüren doch auch: eine neue Zeit, eine Krisenzeit hat begonnen. In dieser Zeit feiern wir wieder Advent und Weihnachten. Mit dem Lichterglanz in den Straßen, mit Weihnachtsmärkten und geschmückten Häusern. Wir denken an den ursprünglichen Sinn des Weihnachtsfestes: Jesus Christus, Gottes Sohn, wird für uns als Kind in der Krippe geboren. Das bedeutet: Zu uns gefährdeten und zerbrechlichen Wesen oft voller Sorge und Angst kommt dieses Kind des Himmels, kommt Gott selber als ein verletzliches Wesen. Er bringt den Glanz und die Kraft der Ewigkeit in unser unsicherer werdendes Leben.
So leben wir in einer Zeit, die ernster und schwieriger wird und in der wir manche bisherigen Sicherheiten verlieren werden. Wir leben aber auch im Advent. Gott schickt uns seinen eigenen Sohn zu uns und macht uns Kinder der Sorge zu Kindern des Himmels. So sind wir verletzlich und verunsichert und zugleich getragen und geschützt.
So können wir die Situation in der Welt, in unserem Land, in unserem Leben nüchtern annehmen, wie sie ist. Menschen, die aus Ländern stammen, in denen das Leben immer unsicherer war als hier in Deutschland, und die jetzt den mühseligen Weg der Migration gehen, kennen das. Wir Wohlstandskinder können von ihnen und von Deutschen, die schon die Kriegs- und Nachkriegszeit erlebt haben, lernen:
Ich kann meinem Leben nicht letzte Sicherheit geben. Ich bleibe täglich angewiesen auf Gottes Hilfe. Ich muss immer wieder um das beten, was ich brauche. Das Abschmelzen von Wohlstand durch den Klimawandel ist so auch eine Chance. Mein Herz muss nicht am Wohlstand, an weltlicher Sicherheit und einem bequemen Lebensstil hängen. Vielleicht muss ich manches loslassen, was bisher zu meinem Leben gehörte. Einer aber kann meinem Leben letzte Sicherheit geben. Einer gibt Geborgenheit durch alle Ängste, Sorgen und Krisen hindurch. So kann ich ruhig bleiben, mich in Geduld üben, von oben immer wieder neue Kraft bekommen und trotz aller Probleme gelassen bleiben.
So gehe ich ohne Angst in eine sich verändernde Zeit. Es wird ja Weihnachten. Ich erwarte den, der für uns geboren wurde, Gottes Sohn. Ich halte mich an das Kind, das die Kraft der Ewigkeit in mein Leben bringt. Mit Jesus werde ich gut durch die vor uns liegende Krisenzeit kommen. Er ist meine Hoffnung in unsicherer Zeit, Amen.
Pastor Götz Weber, Kreuzkirche