Andacht Juli 2015

20. Juli 2015

Gedenken

Denkmal Sadako Sasaki

Vor einem viertel Jahrhundert stand ich vor einem Denkmal. Im ersten Moment dachte ich an ein Kruzifix auf einer Atombombe. Doch bei genauerem Hinsehen erkannte ich ein Mädchen, deren in den Himmel erhobenen Hände einen goldenen Kranich im die Luft strecken. Um das ganze Denkmal herum lagen zu Schlangen zusammengefügte gefaltete Kraniche. Dieses Denkmal erinnert an die beim Abwurf der ersten Atombombe gestorbenen Kinder. Es steht im Friedenspark in Hiroshima, nur wenige hundert Meter entfernt vom Ort der Detonation von "Little Boy".

Dieses Denkmal erinnert an das Schicksal der vierzehnjährigen Sadako Sasaki. Sie war zum Zeitpunkt des Abwurfes der Bombe auf Hiroshima 2 ½ Jahre alt. Als 11 jährige brach sie während eines Lauftrainings zusammen, im Krankenhaus wurde bei ihr Leukämie diagnostiziert, eine bei den Überlebenden des Atombombenabwurfes häufig auftretende Krebserkrankung.

Von einer Freundin erfuhr Sadako  von einer alten japanischen Legende, nach der derjenige, der 1000 Origami – Kraniche falte, von den Göttern einen Wunsch erfüllt bekomme. In den 14 Monaten ihres Krankenhausaufenthaltes faltete sie insgesamt um die 1300 Papierkraniche. Sadako starb am 25. Oktober 1955.

Die Geschichte der kleinen Sadako erlangte weltweite Verbreitung und Anteilnahme. Sie wurde zur berühmtesten der sogenannten "Hibakusha", Menschen, die erst Jahre und Jahrzehnte nach dem Atombombenabwurf erkrankten und bis heute in ihrer japanischen Heimat - zusätzlich zu ihren Leiden - Opfer von Diskriminierung sind.

Mit den in Sadakos Namen eingegangenen Spenden wurde 1958 im Friedenspark in Hiroshima in unmittelbarer Nähe des Atombombenmuseums und der Atombombenkuppel das „Monument für den Weltkinderfrieden“ errichtet. Die Origami – Kraniche wurden zum Symbol des Widerstandes gegen den Atomkrieg.

In diesen Jahr ist am 6. August der 70te Jahrestag des Atombombenabwurfes auf Hiroshima, drei Tage später, am 9. August (einem Sonntag) der des noch viel widersinnigen Abwurfes auf Nagasaki. Für mich sind dies sehr nachdenkliche Tage. Auch 70 Jahre nach den schändlichen Abwürfen auf die beiden japanischen Städte gibt es immer noch genug Atomwaffen, um unsere Erde mehrfach auszulöschen. Besorgt blicken wir in den Iran, bei dem immer noch die Gefahr besteht, dass auch dieses Land demnächst in der Lage ist, diese ethisch durch nichts zu rechtfertigenden Massenvernichtungsmittel herzustellen. Aber auch die in den USA (dem einzigen Land, dass diese Waffen in einem Krieg einsetzte!!), Russland (das im wieder aufflammenden kalten Krieg über eine Modernisierung seiner Atomwaffen laut nachdenkt!!) und anderen Staaten stationierten Waffen bereiten uns Sorge – selbst in unserem Land sind immer noch mindestens 20 Atomraketen stationiert - jede einzelne mit der 13fachen Sprengkraft der Hiroshima - Bombe!

Das Schicksal der kleinen Sadako Sasaki steht stellvertretend für die über 300.000 Opfer, die die Abwürfe auf Hiroshima und Nagasaki bis heute gefordert haben. Jedes Jahr wird die Liste der Opfer um einige 1000 Namen erweitert – das Sterben an den Folgen hat noch immer nicht aufgehört; und heute trifft es auch Menschen, die zum Zeitpunkt der Detonationen noch gar nicht geboren waren.

Nutzen wir doch die Gedenktage am 6. und am 9 August, um in unseren Gottesdiensten - nicht leise - sondern laut und vernehmlich zu predigen und zu beten gegen diese menschenverachtenden Waffen, auf dass sie nicht weiter Gottes gute Schöpfung bedrohen, so dass wir endlich (wieder) in einer atomwaffenfreien Welt leben.

Denn: Selig sind, die Frieden stiften, denn sie werden Kinder Gottes heißen (Matthäus 5 Vers 9)

Michael Großkopf, Pastor der Petruskirche Grünhöfe und Gefängnisseelsorger