Wir Christen glauben an den dreieinigen Gott: den Vater, Jesus und den Heiligen Geist. Wer Gott der Vater und wer Jesus sein Sohn ist, das ist vielen bekannt. Aber der Heilige Geist? Wer gern in ältere Kirchen geht, wird dort Bilder von Jesus finden und Hinweise auf Gott den Vater. Auch Maria, die Mutter Jesu, ist in alten Kirchen oft abgebildet. Aber sie ist nur ein Mensch, kein Gott. Manchmal findet sich eine Taube als Symbol für den Heiligen Geist.
Der Heilige Geist ist nicht nur die unbekannteste Person des dreieinigen Gottes, sondern auch die am meisten unterschätzte Macht, auch im Leben des einzelnen Glaubenden. Ein Theologe (Wilfried Joest) schrieb einmal: der Heilige Geist ist Gottes Kraft, durch die ich nicht aus mir selbst, aber als ich selbst glauben, lieben und hoffen kann. Mein Christ-Sein kommt vom Heiligen Geist. Dabei ist er keine mir aufgedrückte Macht, sondern durch ihn bin ich, was ich bin: Christ oder Christin, durch ihn sind wir Gemeinde und Kirche.
Der Heilige Geist als Weltmacht: als ich vor fast 60 Jahren geboren wurde, war – wie heute – ein Drittel aller Menschen Christen. Von denen lebten 80% in der westlichen Welt, im westlichen Europa und Nordamerika. Heute – die Weltbevölkerung hat sich inzwischen verdoppelt – sind weiterhin ein Drittel aller Menschen Christen. Aber ihre Zusammensetzung hat sich radikal verändert: nur noch 20% der Christen kommen aus der „westlichen Welt“. Während bei uns christlicher Glaube eher zurückgeht, wächst er in Afrika, Asien und Lateinamerika. Noch nie in der Geschichte der Christenheit hat sich diese so rasch verändert wie in unserer Lebenszeit. Ich bin überzeugt: hinter dieser ungeheuren Dynamik steht die „Weltmacht“ Heiliger Geist.
Wenn ich an die Christenheit früher und heute denke oder auch daran, wie verschieden wir einzelnen Christenmenschen sind, dann wird mir deutlich: Vielfalt ist das Wesen des Heiligen Geistes. Wenn ich mir nur die beiden größten „Fraktionen“ unter uns Christen weltweit anschaue, die Katholiken und die Pfingstchristen, was für ein Unterschied: hier reich geschmückte Kirchen, Priester in Gewändern, Gottesdienst nach dem immer gleichen Ritual, andächtige Gläubige. Dort ein schmuckloser Veranstaltungsraum, ein enthusiastischer Prediger in Straßenkleidung, Lobpreis, begeisterte Gläubige. Und alles in seiner Unterschiedlichkeit geschöpft aus dem Reichtum des Heiligen Geistes. In unseren landeskirchlichen evangelischen Gemeinden will es uns manchmal so scheinen, als sei der Heilige Geist sparsamer dosiert als bei Christen in anderen Erdteilen. Aber auch auf stillere Art wirkt der Heilige Geist. Zum Beispiel in den unterschiedlichen Gaben, die er uns mitgegeben hat und mit denen wir das Gemeindeleben bereichern: Christen, die zuhören können; Christen, die anpacken können; Christen, die einfühlsam vom Glauben reden; Christen, die verwalten können und den Laden am Laufen halten. Der Heilige Geist wirkt nicht nur bei spektakulären Heilungen und Erweckungen, sondern auch im Alltag unseres Christenlebens!
Wer diesen Heiligen Geist mehr entdecken möchte, ist herzlich eingeladen zum Glaubenskurs der Kreuzkirche über den Heiligen Geist an allen Mittwochabenden im September um 19 Uhr in der Kreuzkirche.
Götz Weber, Pastor der Kreuzkirche