Ich glaube, ich habe mich verliebt. Es ist während eines Auslandseinsatzes passiert. Als Militärpfarrer beim Marinefliegerstützpunkt in Nordholz bin ich häufiger in Dschibuti. Das ist ein kleines, armes, staubiges Land am strategisch wichtigen Horn von Afrika. Vor ein paar Wochen, es war Anfang April, habe ich dort Schwester Marzia kennengelernt. Sie ist Italienerin, von der schönen Insel Sardinien. Sie ist eine Nonne des Ordens der Consolata Missionsschwestern. Und sie ist 83 Jahre alt. Seit vierzig Jahren lebt und arbeitet Schwester Marzia in Ostafrika, zuerst für 30 lange Jahre in Somalia. In der Hauptstadt Mogadischu leitete sie ein SOS-Kinderdorf, wurde von Islamisten entführt und war Augenzeugin, als ihre Mitschwester Signorella ermordet wurde. Danach ging sie nach Dschibuti. Seit zehn Jahren führt sie nun gemeinsam mit drei Mitschwestern eine Schule für Kinder, die den staatlichen Unterricht nicht besuchen dürfen – entweder weil sie zu arm oder weil sie Flüchtlingskinder aus Somalia sind. Aber zu arm sind sie dann sowieso. Die Schule liegt ganz im Süden von Dschibuti, mehr oder weniger in der Wüste, nahe der äthiopischen Grenze - in Ali Sabieh, einer kleinen, trostlosen Stadt. Ihre Schule existiert allein von Spenden, und ich bin mit einer Gruppe von Soldaten dort, um Sachen abzugeben, Kleidung, Spielzeug, Trinkwasser, Geld. Gebraucht wird alles. Und weil Schwester Marzia eben Italienerin ist, gibt es für uns alle mittags einen großen Berg Spaghetti, der, gar keine Diskussion, zur Gänze aufgegessen werden muss. Und danach natürlich einen Espresso Italiano. Ja wirklich, ich habe mich verliebt und freue mich schon auf meinen nächsten Besuch bei ihr und „ihren“ Kindern in Ali Sabieh, in diesem Herbst - so Gott will und wir leben.
Jesus Christus spricht: Selig sind die Sanftmütigen, denn sie werden das Erdreich besitzen. (Matthäus 5,5)
Frank Leßmann-Pfeifer, Militärpfarrer am Standort Nordholz