Der liebe Gott wohnt bei uns im Apfelbaum
„Papa, wie erkenne ich eigentlich den lieben Gott, wenn ich ihm mal begegne?“ fragt Daniel seinen Vater. „Der liebe Gott ist in jedem Menschen, aber bei manchen spürst du das ganz deutlich. Wenn du mal jemandem begegnest, der dir etwas schenkt, ohne etwas Besonderes dafür zurückzuwollen, dann muss der liebe Gott in der Nähe sein.“ Zufrieden mit dieser Antwort begibt sich Daniel auf die Suche nach Gott. Und sogleich bekommt er auch Geschenke: Einen Strohhut von Opa, aber nur „wenn du gut darauf aufpasst!“ Wenig später bekommt er ein Lebkuchenherz von Tante Ulla, aber nur „wenn ich einen Kuss von dir bekomme!“ Schließlich bekommt er von den Eltern ein neues Fahrrad zum Geburtstag, aber nur „wenn du damit nicht im ordentlichen Garten das Nachbarn herumfährst!“ Immer hört Daniel nur Bedingungen. Es muss doch irgendjemanden geben, der etwas verschenkt, ohne was dafür zu wollen!
Auf der kleinen Bank vor dem Apfelbaum ruht Daniel sich aus und denkt nach. Plötzlich fällt mit einem lauten „Plumps“ direkt vor ihm ein dicker Apfel vom Baum. Seine rot und grün glänzenden Pausbacken lachen ihn an, als wollten sie sagen: „Beiß doch rein, Daniel!“ Als er den Apfel verputzt hat, geht ihm ein Licht auf: Eben hatte er etwas geschenkt bekommen, ohne dass er vorher etwas Besonderes machen musste! Einfach so! Der Apfelbaum macht uns das ganze Jahr hindurch Geschenke: Im Frühling sind es die Blüten, im Sommer spendet er Schatten, im Herbst schenkt er uns frische, saftige Äpfel, aus denen wir Apfelsaft, Apfelkuchen und Apfelmus machen können. Seine dicken Äste halten auch prima eine Kinder-Schaukel aus. Und im Winter können die Vögel in einem Astloch eine kuschelige Wohnung finden.*
Anfang Oktober feiern wir das Erntedankfest.
Wir sehen und riechen vor dem Altar die Schönheit der Schöpfung. Viele Menschen arbeiten hart und teilweise ohne[nbsp]große Gewinnspanne auf dem preisumkämpften Markt, damit wir frisches Obst und Gemüse auf dem Tisch haben. Den Menschen auf den Anbaufeldern, den Spediteuren, den Hafenarbeitern und den Verkäufern in den Lebensmittelfilialen und Wochenmärkten haben wir es zu verdanken, dass wir das ganze Jahr hindurch nahezu jedes Gemüse und Obst sauber und frisch kaufen können. Den Bäckern und Müllern dürfen wir für das Brot danken und den Landwirten für die gesunde Milch. Für uns Christinnen und Christen geht unser Dank aber noch darüber hinaus. Wir Menschen können zwar vieles tun, damit die Erde gute Früchte hervorbringt: Düngen, Unkraut entfernen, beschneiden, künstliche Bewässerung usw. Aber den Regen in großzügigen Mengen und vor allem die Sonne, das kann der Mensch nicht steuern. Das sind bedingungslose Geschenke des Himmels. Gott lässt alles wachsen, auch den Apfel. Wir Menschen helfen dabei, dass alles angebaut und geerntet wird und gerecht verteilt wird, wir haben nämlich genug davon. So gehen wir verantwortungsvoll mit diesen Geschenken um, die Gott uns bedingungslos schenkt. Gott zeigt uns seine Liebe - auch in einem kleinen roten Apfel.
Hanna Hagedorn, Diakonin