Einweihung des Anbaus der ev.-luth. Freizeit- u. Bildungsstätte
Gott hat uns nicht gegeben den Geist der Furcht, sondern der Kraft und der Liebe und der Besonnenheit. 2. Tim 1,7
Liebe Gemeinde,
dieser Bibelspruch entspricht aus tiefstem Herzen meinen Gedanken zu Drangstedt. Einige von uns werden ihn als Konfirmationsspruch haben, auch als Taufspruch ist er beliebt. Er ist eine schöne Grundlage für ein Leben aber eben auch für ein Anliegen, für ein kirchliches Arbeitsgebiet, für eine Bildungsstätte.
Gott hat uns nicht gegeben den Geist der Furcht: Hier direkt in Drangstedt, bei Sommerlagern und Tagen im Grünen wird selten ein Geist der Furcht zu spüren sein. Natürlich wird das eine oder andere Kind am Abend Heimweh bekommen, aber insgesamt weht hier ein Geist der Lebensfreude, des Einklangs mit der Natur und der Gemeinschaft miteinander. In den Sitzungen allerdings, die der Kirchenkreis Bremerhaven als Träger und Eigentümer dieser Einrichtung ja auch abzuhalten hat, da war seit einigen Jahren die Angst zu vernehmen: Das Geld geht uns aus. Die Rücklagen sind verbraucht. Das jährliche Defizit wird erschreckend groß. Werden wir Drangstedt halten können? Wie kann das gehen?
Drangstedt hat Tradition. 1962, wir können als nächstes Jahr unser 50. Jubiläum feiern, wurde der Bauplatz gekauft. „Auf einer Sumpfwiese stand am Rande, da wo jetzt das Blockhaus steht, eine baufällige Baracke. Die Wiese war so uneben, dass man nicht mit den Jungen Fußball spielen konnte“, erinnert sich Joachim Scholz, ehemaliger Pastor der Kreuzkirche. „Stand der Wind in falscher Richtung, qualmte der alte Küchenofen so stark, dass die Augen rot wurden und an warmes Essen nicht zu denken war. Als mir die Jungen eine tote Ratte vorführten, gab es unter den Mädchen furchterfülltes Geschrei. – Und doch waren diese ersten Rüstzeiten mit Konfirmanden abenteuerlich schön.“ „Wenn mir meine ehemaligen Konfirmanden begegnen“, schreibt Pastor Scholz, „dann sind wir schnell bei Erinnerungen aus den Rüstzeiten im Freizeitheim. Sie haben vermutlich manches Stück aus dem Kleinen Katechismus vergessen, aber beim Stichwort „Drangstedt“ leuchten die Augen auf und ich erfahre nach Jahrzehnten Erlebnissen von denen ich noch gar nichts wusste.“
Drangstedt gehört zum Kirchenkreis Bremerhaven, das ist seit 49 Jahren so, aber kann es auch in der Zukunft so bleiben?
Gott hat uns nicht gegeben den Geist der Furcht: Wir haben eine Gegenbewegung gewagt. In einer Zeit, in der viele Bildungs- und Begegnungsstätten für Kinder und Jugendliche geschlossen werden, weil sie nicht mehr finanziert werden können, haben wir einen Anbau geplant. Eine Beratung über Wirtschaftlichkeit dieser Einrichtung hat uns dies nahe gelegt. Wenn wir größer werden, haben wir bessere Chancen. Die Mitglieder des Kirchenkreistages zeigten, wie sehr ihnen die Kinder- und Jugendarbeit in Drangstedt am Herzen liegt. Sie zeigten Mut und stimmten für den Erweiterungsbau. Die Arbeit begann. Der Bau wurde geplant, Firma Buck wurde beauftragt, Herr Neumann-Borutta mit der Baubegleitung beauftragt, Brandschutzgutachten wurden erstellt, Farben, Fußböden und Möbel ausgesucht und diese Tattoos und und und…. Das letzte halbe Jahr ist viel geschehen.
Jetzt sieht es so aus, als wäre es schon immer so gewesen. Der Neubau fügt sich ein, der Altbau sieht jetzt etwas alt aus, der Neubau gibt den Ton an: In dieser Art wird auch der Altbau saniert werden. Aber alles zu seiner Zeit. Geld muss uns auch erst wieder zur Verfügung stehen. Wir haben viel Geld ausgegeben. Ein leichter Anflug der Furcht ist manchmal da: Und wenn das neue Konzept nicht klappt? Wenn die Häuser nicht ausgelastet werden? Wenn, wenn, wenn. Wenns gibt es viele. Und dann hilft dieser Vers: Gott hat uns nicht gegeben den Geist der Furcht, sondern der Kraft und der Liebe und der Besonnenheit.
Wir sind mutig, dieses Haus zu halten und zu bauen. Wir spüren die Kraft, die die Freizeiten und Wochenenden den Kindern und Jugendlichen außerhalb ihres Alltags für ihr Leben geben, und wir lassen uns stark machen von dieser Kraft. Wir lieben diese Wiese und die Bäume des Waldes, das Schwimmbad und die Terrassen, die Küche und die Heimleitung, die vielen Kinder und die kleinen Jugendgruppen, wir lieben dies, weil wir hier mit etwas Abstand zu unserem Alltag spüren, wie sehr Gott diese Welt liebt und alles schön gemacht hat, 20 Minuten Autofahrt von unserer Stadt entfernt. Wir zeigen Besonnenheit und langen Atem, wenn wir Schritt für Schritt Drangstedt renovieren.
Den Kindern und Jugendlichen Bremerhavens soll ein kleines Stück schönes Leben in der Natur erhalten bleiben. Mögen hier immer wieder Menschen von Gottes Geist der Kraft, der Liebe und der Besonnenheit ergriffen werden. Amen.
Superintendentin Susanne Wendorf-von Blumröder
Lesung aus dem Markusevangelium 9, 33-37
Und sie kamen nach Kapernaum. Und als er daheim war, fragte er sie: Was habt ihr auf dem Weg verhandelt? Sie aber schwiegen; denn sie hatten auf dem Weg miteinander verhandelt, wer der Größte sei. Und er setzte sich und rief die Zwölf und sprach zu ihnen: Wenn jemand will der Erste sein, der soll der Letzte sein von allen und aller Diener.
Und er nahm ein Kind, stellte es mitten unter sie und herzte es und sprach zu ihnen:
Wer ein solches Kind in meinem Namen aufnimmt, der nimmt mich auf; und wer mich aufnimmt, der nimmt nicht mich auf, sondern den, der mich gesandt hat.