„Macht hoch die Tür, die Tor macht weit…“, seit dem 27. November, dem 1. Advent, singen wir dieses Lied wieder in unseren Kirchen - und in den Wochen bis Weihnachten werden wir es noch oft singen. Für mich beginnt, so wie für viele andere auch, mit diesem Lied der Advent. Auf der einen Seite erschrecke ich: Was, schon wieder ein Jahr rum? Wie schnell die Zeit rast. Aber dann freue ich mich auch auf diese Zeit mit ihren schönen Bräuchen. Ich genieße diese Zeit.
„Macht hoch die Tür, die Tor macht weit…“: eine starke Sprache. Wir denken als Menschen, die mit den Traditionen unserer Kirche noch vertraut sind, an die innere Haltung dieser Zeit. Wir sollen Gott die innere Tür öffnen, mit seinem Kommen in diese Welt rechnen. Die Geburt Jesu vor 2000 Jahren ist für uns Christen Zeichen dafür, dass Gott in seine Schöpfung kommt, sich uns Menschen als Mensch zeigt.
„Macht hoch die Tür, die Tor macht weit…“ – ich denke an Menschen, die mit all dem wenig zu tun haben, für die gerade diese dunkle Jahreszeit eine unglaubliche Belastung ist. Durch persönliche Schicksalsschläge oder auch durch eigenes Verschulden ist ihnen die Tür zum Leben verschlossen. Auch in diesem Jahr sind Menschen arbeitslos geworden, haben ihren Partner verloren oder sind schwer erkrankt oder sind es immer noch. Viele von ihnen haben zu gemacht, sich ein dickes Schloss für das Tor zu ihrem Inneren zugelegt. Dieser innere Rückzug bringt aber auch eine Abkehr von vielen Kontakten, die früher selbstverständlich waren. Die schöne Stimmung des Advent, mit der wir uns umgeben, kann nicht darüber hinwegtäuschen, dass auch hinter so manchem festlich erleuchteten Fenster ein verzweifelter Mensch sitzt.
„Macht hoch die Tür, die Tor macht weit…“ wie kann die Tür wieder aufgehen? Wie kann das Schloss zum Tor im Inneren geknackt werden? Sicherlich zum einen dadurch, dass sich an den äußeren Umständen etwas ändert. Gerade wurde wieder eine Arbeitslosenstatistik veröffentlicht, der zufolge die Arbeitslosigkeit weiter abnimmt. Aber immer mehr Menschen können von dem, was sie durch harte Arbeit als Lohn bekommen, nicht leben und müssen nach wie vor um staatliche Almosen betteln. Die Gewinne der Unternehmen wachsen auch in diesen Zeiten der Wirtschafts- und Finanzkrise, doch bei den Beschäftigten kommt das nicht an. Die Umverteilung muss aufhören, alles andere entspricht nicht dem Willen dessen, der als Mensch in die Welt gekommen ist, um in dieser Welt für Gerechtigkeit und Frieden einzutreten.
„Macht hoch die Tür, die Tor macht weit...“ das gilt auch für uns, die wir in seinem Namen unterwegs sind. Durch unsere Geduld, unsere Liebe, unsere Anteilnahme kann den Menschen, deren Tore verschlossen sind, geholfen werden. Wenn wir an einer kleinen Stelle es schaffen, den Menschen Mut zu machen, ihnen zuhören und ihnen zeigen, dass uns ihr Schicksal nicht egal ist, dann bleibt das „Macht hoch die Tür…“ nicht nur ein frommes und andächtiges Lied, sondern wirkt das, was Gott will. Gott will, dass alles aufgeht, dass keine Tore mehr Menschen voneinander und von sich selbst trennen. Gott will Weite in den Herzen. Seinen Sohn Jesus schickt er in die Welt für ein Leben ohne Angst.
Ich wünsche uns, dass die Tore zum Leben weit aufgehen, so dass der Geist des Advent unser Herz erreicht. Und ich wünsche uns, dass durch unsere Zuversicht und unser Engagement für die Sache unseres Herrn Türen auch bei denen aufgehen, die Gott uns ans Herz legt und deren Schicksal sich wenden soll. Ich wünsche uns eine gesegnete Adventszeit.
Pastor Michael Großkopf, Petruskirche