Die Kirche - Ein Haus für alle Menschen
„Herr, ich habe lieb die Stätte deines Hauses und den Ort, da deine Ehre wohnt.“ (Psalm 26,8)
Vielleicht geht es vielen ja ähnlich: Im Urlaub, wenn man unterwegs ist, nimmt man sich oft eher die Zeit, in eine Kirche hineinzugehen, findet dann auch die Ruhe und Besinnung, für die wir sonst nur selten Gelegenheit haben oder, besser gesagt, die wir sonst viel zu selten suchen. Wir freuen uns über ihre offenen Türen, treten ein und lassen den Blick schweifen, und er verliert sich in Bögen und Gewölben.
Und mir kommt der Gedanke, dieses Gewölbe ist ein Bild für die Schöpfung, wie Menschen sie sich vor vielen tausend Jahren vorgestellt haben: Am Anfang der Bibel wird erzählt, wie Gott die Welt nach der Vorstellung der Menschen, die damals lebten, erschaffen hat. Er macht ein Gewölbe, das die lebensfeindlichen Wasserfluten von der Erde fernhält. So wird die Erde bewohnbar. Das Gewölbe, das die Erde schützen soll, nannten die Menschen des Alten Testamentes Himmel.
Freilich, wir modernen Menschen meinen viel aufgeklärter und weiter (auch weiser?) zu sein, wenn wir durch unsere naturwissenschaftlichen Erkenntnisse darauf hinweisen, dass die Erde weder eine Scheibe noch der Himmel ein festes Gewölbe ist. Und dennoch hatten uns die Menschen damals wohl eines voraus, denn vermutlich war für sie gar nicht so entscheidend, ob nun ihre Aussagen stimmen oder nicht, sondern in erster Linie wichtig ist ihnen der Glaube und das Vertrauen gewesen, die aus diesen Vorstellungen sprechen: Nämlich sich selbst als Gottes Geschöpf sicher und geborgen in seiner Schöpfung fühlen zu können.
Und eben auf der Suche nach solcher Geborgenheit betreten auch heute noch ganz verschiedene Menschen die Kirchen.
Und unsere Kirche sollte für alle, die da eintreten, da sein, ganz besonders aber für die Schwachen, die Verstummten, die ins soziale Abseits geratenen bzw. durch unsoziale politische Entscheidungen getriebenen.
Der Psalm, aus dem das am Anfang stehende Wort stammt, trägt in einer Bibelübersetzung die Überschrift:
„Gebet eines unschuldig Angeklagten“. Dieser sucht Schutz im Jerusalemer Tempel. Er bittet um Hilfe, um Asyl und hofft, dass die Menschen, die in diesem Haus Gottes zu Hause sind, nun für ihn eintreten und die Stimme erheben werden.
Kirchen sind also bei weitem nicht nur Orte, in die uns die Urlaubsstimmung treiben mag und ruhig auch treiben soll, sondern wo unser ganzer Alltag mit seinen Freuden aber auch Sorgen und Problemen Platz hat.
Denn es gereicht Gott vor allem zur Ehre, wenn seine Kirche offen ist für jeden Menschen, ganz besonders eben auch für die, die ansonsten in unserer Welt, ja, in unserem Land „keinen Platz mehr haben“, für die sonst keiner die Stimme erhebt und eintritt. Ja, wie gut wäre es und wie sehr würden wir dem Hausherrn unserer Kirche gerecht werden, wenn wir in diesem Sinne wieder mehr Kirche für alle Menschen würden und sie mit uns die Erfahrung machen könnten: Diese Kirche und die Menschen, die für sie stehen, ist für mich zu solch einem Gewölbe geworden, das mir geholfen hat, die lebensfeindlichen Fluten unserer Zeit und Gesellschaft fernzuhalten.
Pastorin Beate Kopf, Markuskirche Bremerhaven-Leherheide